Am 1. Mai wird jedes Jahr weltweit der Tag der Arbeit gefeiert. Oder es bekommt ihn zumindest jeder mit, weil an diesem Tag nämlich im Regelfall nicht gearbeitet wird. Dieser gesetzliche Feiertag hat seinen Ursprung im Jahr 1886, als in den USA am ersten Maitag ein mehrtägiger Generalstreik ausgerufen wurde. Das Ziel der Streikenden: Der Achtstundentag. Tausende Arbeiter versammelten sich in Chicago, wobei nach zwei Tagen die Lage eskalierte und viele Personen umkamen. In Gedenken an dieses Ereignis versammelten sich am 1. Mai 1890 Hunderttausende Menschen in Europa für den ersten „Tag der Arbeit“. Ein Jahr zuvor hatte der Internationale Arbeiterkongress in Paris zu einem „Weltfeiertag der Arbeit“ aufgerufen. Laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) waren damals rund 100.000 Deutsche an Streiks, Demonstrationen und Maispaziergängen beteiligt.
Während vor 138 Jahren noch für den Acht-Stunden-Tag gekämpft wurde, wird in den letzten Jahren intensiv über die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich diskutiert. Was wohl die Meinung von Ludwig Erhard, dem Vater der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland, gewesen wäre? In seiner wohl bekanntesten Schrift „Wohlstand für alle“ erklärt er, dass Arbeit ein Mittel der Selbstbestimmung gegenüber dem Staat sei und der entsprechende Lohn die Wertschätzung des eigenen Handelns. Arbeit sei Produktionsfaktor und persönliche Erfüllung zugleich. Arbeitszeit könne wahrscheinlich als wichtigster Wettbewerbsfaktor gesehen werden, sowie als Mittel zur Aufrechterhaltung von Wohlstand, zur Bekämpfung von Altersarmut und der Sinngebung.
Auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel 2024 wurde die Vier-Tage-Woche ebenfalls thematisiert. Länder wie Spanien, Belgien und Island zeigen, dass diese funktionieren kann, so Ulrich Reinhardt von der Stiftung für Zukunftsfragen. Auch eine Oxford-Studie belegt Vorteile wie weniger Burn-Outs, mehr Produktivität und weniger Fehltage. Doch es gibt auch Argumente gegen das Konzept. Aufgrund des demografischen Drucks sei die Vier-Tage-Woche für den Arbeitsmarkt nicht möglich, wenn wir in der Gesellschaft unser Niveau an Wohlstand wahren wollen. Ein alternativer Vorschlag ist, an vier Tagen der Woche beispielsweise 10h zu arbeiten. Zumal es auch Berufsgruppen gäbe, die regelmäßig in 12h-Schichten tätig sind (z.B. Gesundheitspersonal).
Der Tag der Arbeit ruft uns in Erinnerung, dass wir durch unsere Arbeit das politische und wirtschaftliche Geschehen mitprägen. Dass unsere Arbeit wertvoll ist für unser Umfeld und für uns als Individuum. Durch aktuelle gesellschaftliche Trends ist es sicherlich auch essentiell, dass wir unsere Arbeitszeit und -formen flexibler denken. Sei es in Bezug auf Arbeitsort, Kernarbeitszeiten oder Teilzeitkonzepte, um verschiedenen Tätigkeiten parallel nachgehen zu können.